Am Leipziger Stadtrand – Pläne auf Eis: In Tauchaer Seniorenheim ziehen doch keine minderjährigen Flüchtlinge ein

Das Deutsche Rote Kreuz wollte in Taucha minderjährige Ausländer in einem Seniorenheim unterbringen – hat das Vorhaben nun aber zurückgestellt. Vorausgegangen waren Proteste von Bürgern, aber auch Hetze.

Das Altenpflegeheim Am Veitsberg in Taucha bewirbt der DRK-Kreisverband Leipzig-Land als Träger mit seiner ruhigen Lage: Die Einrichtung befinde sich inmitten einer „wunderschön angelegten Parkanlage“, heißt es im entsprechenden Steckbrief, 93 Menschen könnten hier leben. Es ist die Beschreibung jener Einrichtung, über deren Zukunft in den letzten Tagen hitzig diskutiert wurde, in Taucha, aber auch in Leipzig-Portitz.

Grund sind die Pläne, die der DRK-Kreisverband mit der Unterkunft hatte. Mitte letzter Woche war bekannt geworden, dass er einen Teil der Seniorenunterkunft für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Ausländer nutzen wollte. Konkret war von bis zu 20 Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren die Rede: Sie sollten in einem abgegrenzten Bereich wohnen, zunächst für ein Jahr. Die Vergangenheitsform ist hier wichtig – denn: Das DRK bestätigte jetzt, die Pläne zurückgestellt zu haben. Dem vorausgegangen waren ablehnende Äußerungen von Bürgerinnen und Bürgern – und offenbar die Sichtung verfassungsfeindlicher Symbole und ausländerfeindlicher Parolen in der Umgebung der Einrichtung.

Verfassungsfeindliche Symbole am Pflegeheim: DRK erstattet Anzeige

Denn nachdem bekannt wurde, dass das DRK minderjährige Flüchtlinge in Taucha unterbringen möchte, äußerten sich viele Menschen aus der Umgebung entsetzt, protestierten in sozialen Netzwerken. Mitunter offenbar auch in fremdenfeindlichem Tonfall: Der Administrator einer lokalen Facebook-Gruppe betonte etwa, keine rassistischen und intoleranten Äußerungen zu dulden, wie sie in Kommentaren zu der Unterkunft vorgekommen seien. Auch auf einer Bürgerveranstaltung in Portitz sollen sich Bürger zum Vorhaben verärgert gezeigt haben.

Auch zu Hetze kam es im Zuge der Debatte: Laut DRK wurde ein Trafohäuschen am Pflegeheim mit ausländer- und verfassungsfeindlicher Symbolik bemalt: „Wir haben deshalb Anzeige erstattet“, sagte die Vorstandsvorsitzende des DRK-Kreisverbandes Leipzig-Land, Katharina Höhne. Es war offenbar nicht die einzige Schmiererei: Tauchas Bürgermeister Tobias Meier (FDP) bestätigte der LVZ, dass es in der Parthestadt Ende letzter Woche Symboliken der rechtsextremen Kleinstpartei „Der 3. Weg“ gegeben habe. Meier betonte, hier eine „Null-Toleranz-Strategie“ zu verfolgen. Die Stadt habe sie bereits am Freitag entfernen lassen.

Warum das DRK unbegleitete Flüchtlinge unterbringen wollte

Meier zufolge habe der Unmut in der Stadt inzwischen wieder abgenommen. „Das Thema hat schnell eine Eigendynamik entwickelt, weil es nicht viele öffentliche Informationen gab“, sagt er. Angehörige hätten sich etwa gefragt, wie das Zusammenleben mit den Senioren funktionieren solle, auch wenn es sich um einen abgegrenzten Bereich handeln sollte.

Laut Höhne vom DRK steht ein Teil des Pflegeheims derzeit leer. „Auch wir haben seit Längerem das Problem, dass es im Pflegebereich an Arbeitskräften mangelt“, sagte die Vorstandsvorsitzende der LVZ. In Gesprächen, etwa mit dem Landratsamt Nordsachsen, sei immer wieder die Unterbringung von Geflüchteten zur Sprache gekommen. „Da haben wir gesagt: Wir könnten hier eine temporäre Lösung anbieten.“ Warum diese nun erst einmal vom Tisch ist – und inwiefern der öffentliche Protest damit zusammenhängt – will Höhne nicht ausführlich sagen. „Wir haben uns bewusst entschieden, zum jetzigen Zeitpunkt nicht über die Gründe zu sprechen“, sagt sie. Damit wolle sie das DRK vor Anfeindungen schützen.

Landkreise und kreisfreie Städte bezeichnen die aktuelle Situation bei der Unterbringung geflüchteter Menschen seit Längerem als herausfordernd: Sie suchen oft händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten. Hatte der Landkreis Nordsachsen im Jahr 2022 noch 465 Asylsuchende aufgenommen und untergebracht, waren es bis zum 10. August dieses Jahres bereits 457 Menschen, hieß es von der Behörde. „Da die Flucht-Dynamik weiter anhält, ist also mit deutlich höheren Zahlen als im Vorjahr zu rechnen.“ Um ihrer gesetzlichen Aufgabe nachkommen zu können, sei die Kreisverwaltung überall in Nordsachsen auf „der Suche nach geeigneten Unterkunftsmöglichkeiten“, so auch in Taucha. Derzeit leben in der Parthestadt laut Landkreis 13 Asylbewerber und 39 Geduldete, hinzu kommen 149 geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Taucha hat rund 16.000 Einwohner.